Eine Geschichte von Jeannie Heinzmann
für den SHADOWRUN-Adventskalender 2023
Engel
[Berlin/BuMoNA-Hauptklinikum Charité Mitte, 06.11.2082, 08:57:56 Uhr]
Sirenen durchbrechen das Prasseln des Regens auf dem Dach des Krankenhauses. Zehn Ärzte stehen am Hintereingang der Notaufnahme und warten. „Massenkarambolage auf der A10. Bisher unbekannte Ursache. Wir müssen uns auf das Schlimmste vorbereiten. Alle anderen Abteilungen sind vorgewarnt und Operationen verschoben. Alles, was warten kann, muss in den nächsten Stunden warten.“
Die Krankenwagen fahren reihenweise vor, Rettungssanitäter stoßen die Türen auf, Metamenschen werden auf Tragen ins Innere gebracht. Es ist laut und chaotisch. In der Lobby sammeln sich Angehörige, die hoffen, ihre Liebsten lebendig wiederzusehen.
[Notaufnahme, 06.11.2082, 09:15:31 Uhr]
„Elfe. Mitte dreißig. Schwer zugerichtet. Hat während der Fahrt das Bewusstsein verloren, nicht stabil. Name unbekannt. Wir nennen sie Engel, das stand auf ihrem Kennzeichen, war ein ziemlicher Panzer, aus dem wir sie bergen mussten.“
„Wir bringen sie in Behandlungsraum 2.“
„Blutdruck fallend.“
„Penetrationswunde seitlich im Abdomen. Sie verliert viel Blut.“
„Vermutlich auch innere Blutungen. Wir müssen direkt in den OP.“
„Zuerst müssen wir die ganzen Glassplitter und Metallstücke aus ihr rausziehen.“
„Beeilt euch, ich weiß nicht, wie lange sie noch hat.“
[Operationssaal 3, 06.11.2082, 09:41:03 Uhr]
„Bauchtücher! Wir müssen diese Blutung in den Griff kriegen!!“
„Scheiße, die rechte Iliakalarterie ist perforiert. Klemmen!“
„Hängt noch eine Konserve 0 negativ an.“
„Verdammt, hier ist immer noch überall Blut.“
[Operationssaal 3, 06.11.2082, 10:02:11 Uhr]
„Zeitpunkt des Todes: 10:02 Uhr. Name unbekannt. Schreiben Sie: Engel.“
Ein kurzer Moment der Stille.
„Aufräumen. Lasst uns weitermachen. Es warten noch mehr.“